Vorbeugen
Was kann ich tun, damit ich nicht mehr so viele Migräneattacken habe?
Es gibt drei Wege, um die Häufigkeit der Attacken zu reduzieren:
- Medikamente für eine sogenannte Basisbehandlung
- Komplementärmedizinische Massnahmen
- Unterstützendes und stressreduzierendes Selbstmanagement
Alle Medikamente, die Migräneattacken in ihrer Häufigkeit und ihrem Schweregrad reduzieren können, wurden ursprünglich nicht für Migräne entwickelt. Die Erfahrung damit hat aber gezeigt, dass sie bei Migräne einen positiven Effekt haben können. Am häufigsten werden heute Betablocker und Calziumantagonisten aus der Reihe der Herzmedikamente, Antidepressiva, Antiepileptika, Magnesium und Vitamin B2 als sogenannte Migräne-Basistherapie eingesetzt.
Aus dem grossen Angebot der Komplementärmedizin ist vieles vorstellbar: Betroffene machen gute Erfahrungen mit Akupunktur, diversen Massagetechniken, autogenem Training oder Homöopathie sowie unzähligen anderen Methoden, die allerdings weniger häufig eingesetzt werden.
Weder beim einen noch beim anderen Weg lässt sich mit Sicherheit sagen, was hilfreich sein wird. Wir empfehlen deshalb, den medikamentösen Weg mit einem Arzt zu besprechen und gemeinsam etwas auszuwählen, was dem eigenen Allgemeinbefinden zuträglich sein kann. Beim komplementärmedizinischen Weg gilt das Gleiche: Die ausgewählte Methode sollte Sie ansprechen und Ihnen das Leben erleichtern.
Nicht zuletzt beeinflussen die Lebensart und das persönliche Umfeld die Attackenhäufigkeit. Deshalb lohnt es sich, die eigenen Bedürfnisse hoch zu gewichten und Wege zu suchen, um diese zu befriedigen. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, aber viel mit Psychohygiene und Stressmanagement.
Migräniker/-innen brauchen ausgewogene Umfelder, beispielsweise von Ruhe und Aktivität, von der Ausrichtung auf das eigene Innere und der Zuwendung zu anderen Menschen oder Dingen sowie von Aktivität und Passivität.
Warum gibt mir der Arzt ein Mittel gegen Epilepsie? Muss ich befürchten, dass ich aufgrund der Migräne einen Epi-Anfall erleide?
Ihr Arzt verschreibt Ihnen das Medikament nicht, weil er befürchtet, dass Sie einen epileptischen Anfall erleiden könnten. Die Statistik zeigt zwar, dass Migräne und Epilepsie ganz leicht gehäuft gleichzeitig vorkommen. Das Epilepsie-Risiko ist aber für Migräne-Betroffene nicht markant grösser als für andere Menschen.
Die beiden Krankheiten haben jedoch einige Ähnlichkeiten: Im Bereich der Hirnrinde zeigen sich bei beiden ähnliche elektrophysiologische Vorgänge, d. h. Entladungen von Energie. Zudem laufen sowohl bei Epilepsie als auch bei Migräne zahlreiche Symptome gleichartig oder zumindest sehr ähnlich ab. Dazu gehören Konzentrations- und Wortfindungsstörungen, Überempfindlichkeit in der Körperwahrnehmung oder Lähmungserscheinungen sowie die bekannten Sehstörungen im Rahmen der Aura bei Migräne. Die Wissenschaft geht davon aus, dass der genetische Code bei beiden Krankheiten identisch ist. Zudem ist in beiden Fällen die Fähigkeit der Zellen resp. der Zellwände, elektrische Reize zu vermitteln, reduziert. Epilepsie-Medikamente können die Eigenschaften der Zellwände beeinflussen und deswegen sowohl bei Epilepsie als auch bei Migräne erfolgreich eingesetzt werden.
Aus der Reihe der Antiepileptika haben sich drei Wirkstoffe zum Vorbeugen von Migräneattacken bewährt: Valproinsäure, Gabapentin und Topiramat. Ob und in welchem Ausmass die Medikamente im Einzelfall helfen können, muss ausprobiert werden.
Mein Arzt hat mir ein Antidepressivum verschrieben. Hat man als Migräniker/-in denn immer auch Depressionen resp. bin ich als Migräniker/-in depressiv?
Antidepressiva steigern die Fähigkeit des Hirns, Schmerzen abzuwehren. Wenn ein Antidepressivum als Basismedikament bei Migräne eingesetzt wird, geht es also eigentlich nicht um seine Wirkung auf das Gemüt.
Allerdings weist Migräne mit der Depression Gemeinsamkeiten auf: Bei beiden Krankheiten spielt der Serotonin-Stoffwechsel eine zentrale Rolle. Dieser bezeichnet ein komplexes System von Botenstoffen, das Nervenreize vermittelt. Antidepressiva, welche den Serotonin-Stoffwechsel beeinflussen, zeigen sowohl bei Depression als auch bei Migräne eine positive Wirkung. Ein deutlicher Unterschied liegt bei der notwendigen Dosierung. Sie fällt bei Migräne sehr viel niedriger aus als bei einer Depression.
Migräne und Depression können gemeinsam auftreten. Als Migräniker-/in ist man aber keineswegs immer auch depressiv. Im Gegenteil, viele Betroffene sind sehr aktive Menschen mit eher zu viel als zu wenig Antrieb. Ständiges Leiden hat jedoch Auswirkungen. Wenn Migräne die Lebensqualität stark einschränkt, ist die Entwicklung einer Depression als Folge daraus durchaus möglich. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Risiko, an einer Depression zu erkranken, für Migränepatienten drei Mal höher ist als für andere Menschen. Umgekehrt laufen Depressive öfter Gefahr, eine Migräne zu entwickeln als andere. Vermutlich bildet die erwähnte organische Gemeinsamkeit den Boden für dieses gegenseitig erhöhte Risiko.